Gewinnspiele, bei denen Zuschauer oder Zuhörer via Telefon an Rate- oder Quiz-Spielen teilnehmen können, bezeichnet man als Call-in-TV bzw. als Call-in-Gewinnspiele. Obwohl es sich dabei theoretisch um Glückspiel handelt, fallen diese Gewinnspiele nicht unter das Glücksspielmonopol, dazu weiter unten im Beitrag mehr. In diesem Artikel tauchen wir tief in die Welt der Call-in-TV-Shows ein, beleuchten ihre Geschichte, die rechtlichen Rahmenbedingungen, die Kritik, die sie hervorrufen, sowie ihre psychologischen Tricks und Faszination für viele Zuschauer.
INHALTSVERZEICHNIS
Die Geschichte der Call-in-Gewinnspiele
Die Wurzeln der Call-in-TV-Gewinnspiele reichen bis in die frühen Tage des Fernsehens zurück, als die Interaktivität zwischen Sendern und Zuschauern durch telefonische Anrufe begann. Die ersten Call-in-Shows waren oft simple Quizformate, bei denen Zuschauer Fragen beantworten mussten, um Preise zu gewinnen. Mit der technischen Entwicklung und der Verbreitung von Telefonen in den Haushalten stieg auch die Popularität dieser Formate.
Besonders Anfang der 2000er Jahre erlebte das Call-in-TV hierzulande einen regelrechten Boom. Vor allem in den späten Abendstunden oder in den frühen Morgenstunden füllten Call-in-Shows die Sendeplätze der Sender. Ein prominentes Beispiel war z.B. auch der Sender 9Live, der sich selbst als "Mitmachfernsehen" und "Deutschlands erster Quizsender" bezeichnete. Tagsüber wurden dort zwischen den Jahren 2001 und 2011 fast durchgehend Call-in-Gewinnspiele veranstaltet und gleichzeitig auch Call-in-Formate für andere Sender produziert.
Neben 9Live gab es auch auf Sport1 längerfristige Call-in-TV-Formate. Das "Sport Quiz" wurde dort zwischen den Jahren 2003 bis 2022 gesendet und war mit einer Laufzeit von guten 19 Jahren die längste Call-In-Show im deutschen Fernsehen.
Heutzutage gibt es als eigentständige Call-in-Show nur noch das "Cashquiz" auf Radio Energy im deutschsprachigen Raum. Es ist aber nicht auszuschließen, dass bald auch im Fernsehen wieder entsprechende Formate auftauchen werden.
Funktionsweise und Formate
Die Funktionsweise von Call-in-TV-Gewinnspielen ist simpel umgesetzt: Zuschauer oder Zuhörer rufen eine bestimmte Telefonnummer an, um an einem Spiel teilzunehmen. Allgemein handelt es sich dabei um eine kostenpflichtige Mehrwertnummer, was bedeutet, dass die Teilnahmegebühren über die Rechnung des Telefonanbieters abgerechnet werden. Die Formate dieser Shows variieren stark, von einfachen Quizfragen über Puzzle-Spiele bis hin zu komplexeren Aufgaben, bei denen Geschicklichkeit oder Wissen gefragt sind.
Das klassische Quiz ist ein häufig genutztes Format. Der Moderator stellt also eine Frage, und der Anrufer muss die richtige Antwort geben. Andere, sehr beliebte Formate, sind Bilderrätsel, bei denen ein Suchbild präsentiert wird und der Anrufer die Unterschiede finden muss, oder Zahlenrätsel, bei denen mathematische Aufgaben gelöst werden müssen.
Rechtliche Rahmenbedingungen
Obwohl Call-in-Gewinnspiele theoretisch als Glücksspiel eingestuft werden könnten, fallen sie in vielen Ländern oftmals nicht unter das Glücksspielmonopol. Dies liegt vor allem daran, dass sie als Geschicklichkeitsspiele mit sehr geringem Einsatz klassifiziert werden, anstatt reines Glück.
Hierzulande, in Deutschland, beispielsweise wird das Glücksspielgesetz von den Bundesländern geregelt. Call-in-Gewinnspiele sind jedoch von diesen Regelungen oft ausgenommen, sofern bestimmte Kriterien erfüllt sind. Dazu gehört unter anderem, dass die Teilnahmegebühr eine bestimmte Grenze nicht überschreitet und dass die Gewinnchancen transparent und fair kommuniziert werden. Zudem müssen die Spiele so gestaltet sein, dass sie nicht nur als reine Glücksspiele betrachtet werden können und vielmehr auch eine gewisse Geschicklichkeit von dem jeweiligen Anrufer erfordern.
Die Teilnahme an Call-in-Gewinnspielsendungen ist für Zuschauer und Zuhörer ab 18 Jahren erlaubt. Minderjährige dürfen nicht teilnehmen, obwohl das Programm in der Regel auch tagsüber zu jugendschutzrelevanten Zeiten ausgestrahlt wird. Eine Ausnahme gab es ab dem Jahr 2009 bei sogenannten "Quiz-Breaks", hierbei handelt es sich um kurzweilige Einzel-Gewinnspiele die nur wenige Minuten laufen und laut den Landesmedienanstalten auch an Jugendlichen ab 14 Jahren gerichtet werden dürfen.
Internationale Unterschiede
Auch international gibt es Unterschiede bei der Veranstaltung von Call-in-Gewinnspielen, so sind diese in der Schweiz nur dann erlaubt wenn die Teilnahme auf einem Weg auch unentgeltlich möglich ist. Neben einer kostenpflichtigen Mehrwertnummer müsste also ein schweizer TV-Sender auch eine kostenfreie Mitmachgelegenheit über das Internet oder auch via Postkarte bereitstellen. In der Schweiz wurden Anrufe meist über eine 0901-Nummer abgewickelt, dort entstanden dem Anrufer Kosten in Höhe von 1,85 CHF pro Anruf (entspricht heutzutage 1,90 Euro, im Jahr 2008 etwa 1,15 Euro).
In Österreich gibt es übrigens keine 0137-Rufnummerngasse, somit müssen dort andere Massenanruf-Servicenummern verwendet werden die allerdings höhere Kosten mit sich bringen. Eine österreichische MABEZ-Nummer, die typischerweise mit 0901-07 beginnt, kostet 70 Cent pro Anruf und ist damit wesentlich teurer als die 0137-9 Nummer mit 50 Cent pro Anruf in Deutschland.
Kritik und Kontroversen
Trotz ihrer Popularität stehen Call-in-TV-Gewinnspiele häufig in der Kritik. Ein zentraler Kritikpunkt ist die nicht immer vorhandene Transparenz und Fairness bei den Spielen. Es gab immer wieder Fälle, in denen Zuschauer das Gefühl hatten, dass die Spiele manipuliert waren oder dass Gewinnchancen absichtlich verringert wurden, so finden sich etwa auch auf YouTube einige Beispiele von diesem Verhalten. Zudem wird bemängelt, dass die Telefon- und SMS-Gebühren oft unverhältnismäßig hoch sind, was besonders bei häufigen Anrufen zu erheblichen Kosten und in Extremfällen sogar zur Schuldenfalle führen kann.
Ein weiterer Kritikpunkt ist die angepeilte Zielgruppe dieser Shows. Oft richten sich Call-in-Gewinnspiele an ein Publikum, das anfälliger für solche Angebote ist, wie ältere Menschen oder auch Personen mit geringerem Einkommen. Dies kann unter Umständen dazu führen, dass diese unverhältnismäßig viel Geld für die Teilnahme in Form von Telefongebühren ausgeben, in der Hoffnung, einmal einen großen Gewinn zu erzielen.
Erwähnenswert ist zudem, dass die Telefonanbieter wie auch Netzbetreiber an den hohen Gebühren der Mehrwertnummern mitverdienen, was indirekt finanzielle Anreize für die Förderung solcher Formate schafft. Diese Servicenummern sind in der Regel nicht standardmäßig gesperrt, was dazu führt, dass besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen, wie etwa Kinder und ältere Menschen, unbewusst hohe Kosten verursachen können und sich damit in eine Schuldenfalle manövrieren.
Psychologischen Tricks und Anreize
Call-in-Gewinnspiele nutzen eine Vielzahl psychologischer Tricks und Anreize, um die Zuschauer zur Teilnahme und damit auch zum Anrufen zu motivieren. Der Hauptanreize ist dabei die Aussicht auf einfache und schnelle Gewinne, was die sogenannte "Verlustaversion" der Teilnehmer anspricht, also die Angst, eine einmalige Gelegenheit zu verpassen.
Weitere beliebte Mittel sind künstliche Verknappung und Zeitdruck. In den Sendungen wird also suggeriert, dass die Möglichkeit zur Teilnahme nur für kurze Zeit besteht oder, dass nur eine begrenzte Anzahl von Anrufen durchgestellt wird. Durch Countdown-Uhren, auch als "Hot-Button" bekannt, und ständig wiederholte Aufforderungen wie „Rufen Sie jetzt an!“ wird ein Gefühl der Dringlichkeit erzeugt, das die Zuschauer dazu bringt, impulsiv zu handeln, ohne lange über die (geringe) Wahrscheinlichkeit eines Gewinns nachzudenken.
Die Fragen oder Aufgaben in Call-in-Sendungen sind oft extrem einfach oder wirken zumindest auf den ersten Blick so. Dies führt dazu, dass die Zuschauer denken, dass die Teilnahme ein Kinderspiel ist und sie leicht gewinnen können. In Wirklichkeit sind die Spiele jedoch oft so gestaltet, dass die tatsächliche Lösung viel schwieriger ist als angenommen, oder dass nur ein Bruchteil der Anrufer überhaupt durchgestellt wird. So informierte lediglich Tele 5, als einziger deutschsprachiger Sender, in einem Laufband über die tatsächliche Wahrscheinlichkeit und bezifferte diese auf 1:10.000 und 1:300.000 (Anmerkung: Entspricht etwa 5 richtige im Lotto).
Einige Sendungen lassen während der Show scheinbar zufällige Anrufer durchkommen, die dann Live gewinnen. Diese wenigen Erfolgsmeldungen suggerieren dem Zuschauer, dass die Gewinnchancen hoch sind und motivieren andere, ebenfalls anzurufen. Was dabei oft nicht erwähnt wird, ist die geringe tatsächliche Durchstellrate und die hohe Anzahl der gescheiterten Anrufe, die nie zur Ausstrahlung kommen.
Der wirtschaftliche Aspekt
Für die Fernseh- und Radiosender sind Call-in-Gewinnspiele oft ein lukratives Geschäft. Die Einnahmen aus den Teilnahmegebühren können beträchtlich sein, insbesondere wenn die Shows regelmäßig ausgestrahlt werden und ein großes Publikum damit erreicht wird. Auf der anderen Seite stehen die relativ geringen Produktionskosten, da neben einem einfachen Studio, lediglich ein Moderator und die Telefontechnik benötigt wird, um eine solche Sendung zu umzusetzen.
Bei den oftmals verwendeten 01379-Nummern (0,50 Euro pro Anruf) bleibt für den Verantstalter, nach Abzug der Netzbetreiberentgelte, in der Regel ein Gewinn in Höhe von 0,25 bis 0,32 Euro übrig. Dies macht Call-in-TV-Shows zu einer extrem kosteneffizienten Möglichkeit, die Sendezeit zu füllen und gleichzeitig Einnahmen zu generieren.
Zukunftsperspektiven
Mit der fortschreitenden Digitalisierung und der Veränderung der Medienlandschaft stehen auch Call-in-TV-Gewinnspiele zunehmend vor dem Aus. Die Nutzung traditioneller Telefonhotlines nimmt ab, während interaktive Online-Formate mit Influencern auf Twitch und Co. an Bedeutung gewinnen.
Auf bekannten deutschsprachigen TV-Sendern gibt es aktuell etwa keine eigenständigen Call-in-Shows mehr, lediglich vereinzelt, im Rahmen anderer Sendungen, werden noch kleinere Call-in-Gewinnspiele veranstaltet. Lediglich im Radio wird in Deutschland noch das "Cashquiz" auf Radio Energy gesendet. Trotzdem ist zu erwarten, dass Call-in-Shows sich weiterentwickeln und neue Technologien nutzen werden, um neue Zuschauer zu erreichen.